Johannes Gutenberg


Der Anfang


Um das Jahr 1397 wird im "Goldenen Mainz" (das Stadtsiegel trägt die Inschrift "Aurea Moguntia") dem Patrizier Friele Gensfleisch und seiner Gattin Else ein Sohn namens Johannes geboren. Dieser nimmt in späterer Zeit den Familiennamen Gutenberg an. Die Rheinstadt Mainz war im letzten Jahrhundert des Mittelalters ein Herrschaftsbereich, der höchstes Ansehen genoß. Der Erzbischof von Mainz war Kurfürst und Kanzler des Reiches. Das politische Zentrum zog unaufhörlich engagierte und neuzeitlich denkende Menschen an. Dadurch verloren die alteingesessenen Bürger - die Patrizier - immer mehr an Ansehen, und die wirtschaftlich denkenden Handwerker gewannen immer größeren Einfluß. In diese unruhige Zeit der gesellschaftlichen Veränderungen fiel auch Gutenbergs Kindheit und Jugend.

Obwohl er der Sohn eines Patriziers war, begeisterte er sich für das Leben der Handwerker. Sein Vater, der sich mit der Herstellung von Münzen beschäftigte, ermöglichte ihm wahrscheinlich auch die Ausbildung zum Goldschmied. Es kann angenommen werden, daß er sich in der Zeit  zum ersten Mal mit dem Gedanken beschäftigte, Bücher mechanisch zu vervielfältigen. Gutenbergs Drang, sich mit den Ideen der herannahenden "neuen" Zeit zu beschäftigen, zeigt sich auch im besonderen Maße in seiner aktiven politischen Haltung. Aufgrund der Machtkämpfe zwischen den Patrizierfamilien und den Handwerkern hatte schon sein Vater zweimal seine Vaterstadt Mainz verlassen müssen. Als dann in späterer Zeit Kurfürst Konrad III. unerfüllbare Steuerforderungen an die Zünfte stellte, verließ der damals ungefähr 30-jährige Johannes Gutenberg ebenfalls seine Geburtsstadt und ging nach Straßburg. Der junge Meister lebte  dort in wohlsituierten Verhältnissen, denn er ließ sich für die Weitergabe der besonderen Künste - so z. B. das Schleifen von Edelsteinen oder das Spiegelmachen - unverschämt hohe Lehrgelder zahlen. Das Geld verwendete er einerseits für die Finanzierung seiner Experimente, andererseits verlangte auch sein hoher Weinkonsum ständig neue Geldmittel. Mitte der dreißiger Jahre des 15. Jahrhunderts begann er mit den ersten Versuchen für den Druck. Er ließ sich von einem Goldschmied Lettern schneiden und  von einem Schreiner eine Presse bauen. Gutenberg opferte seiner Idee sein Vermögen und mußte im Jahre 1442 den ersten größeren Kredit aufnehmen.

Die Entwicklung des Buchdrucks


1448 kehrte er nach Mainz zurück, nachdem er einen Prozeß gegen den Bruder eines ehemaligen Mitarbeiters gewonnen hatte, der ebenfalls in das Geheimnis der neuen Kunst eingeweiht werden wollte. Das erste, was man von ihm in Mainz in Erfahrung bringen kann, ist wieder die Aufnahme von Geld, denn  vorläufig hatte er  wohl keine Einnahmen. Nun ging er daran, die in Straßburg begonnenen Versuche fortzusetzen. Dort hatte er bereits erfahren, daß man Buchstaben aus Blei scharf und klar auf Papier oder Pergament abdrucken kann. Ferner hatte er die richtige Zusammensetzung der Metall-Legierung und der Druckfarbe herausgefunden. Das anspruchsvolle Ziel machte immer neue Versuche notwendig.

Gutenberg benötigte für den Druck der Bibel beträchtliche Geldsummen. Im Jahre 1450 erklärte sich der reiche Kaufmann Johannes Fust bereit, die erstaunliche Summe von 1600 Gulden zu leihen. Er witterte ein gutes Geschäft. Der  Kaufmann hatte allerdings einen gut verklausulierten Vertrag ausgearbeitet, der einige Spitzfindigkeiten enthielt, die dem von seiner Arbeit besessenen Erfinder entgehen mußten. Gutenberg erzielte bei dieser Arbeit keinen Gewinn, er vermochte lediglich seine Arbeit zu Ende bringen.

Die Gutenberg Bibel


Im Jahre 1452 konnte Gutenberg endlich mit dem Druck der Bibel beginnen. Es ist kein Zufall, daß er gerade dieses Buch gewählt hatte, um seine Erfindung zu erproben. Jede Bibliothek, sei es in einem Kloster, einer Universität oder bei einem reichen Büchersammler, besaß ein oder mehrere Exemplare. Gutenberg dachte daher dabei nicht nur an die Verbreitung von Gottes Wort, sondern auch an die Möglichkeit, das Buch zu verkaufen. Er wollte diesem Buch auch eine stolze Schlußschrift mitgeben, die er dann aber in ein anderes Werk druckte, als er sah, daß ihm die Bibel durch Fust entrissen werden sollte. Es scheint wenigstens so, daß die Schlußschrift, die sich im "Catholicon" von 1460 findet, ursprünglich für die Bibel bestimmt war. Da hätte sie sich, in der großen Bibeltype, mit ihrem Hinweis auf das göttliche Gnadengeschenk der neuen Kunst stolz, wenn auch in ihrem nationalen Pathos überaus naiv, ausgenommen.

Drei Jahre lang hat Gutenberg mit seinen Setzern und Druckern an der Bibel gearbeitet. Den Text entnahm er einer handgeschriebenen Bibel, die er in einem Mainzer Kloster dazu ausgewählt hatte. Einige Male mußte er andere Bibelhandschriften zum Textvergleich heranziehen.

Für Gutenberg muß es ein Glück ohnegleichen gewesen sein, als er die Bibel nach dreijähriger Arbeit makellos und vollendet in seinen Händen hielt. Parallel dazu hatte er versucht, durch die Ausführung kleiner Arbeiten und Aufträge  etwas Geld zu verdienen. Wahrscheinlich hat er einige Donate hergestellt, lateinische Schulgrammatiken, die die Schüler bisher abschreiben mußten. Und wir wissen, daß er kurz vor der Vollendung der Bibel in einer kleinen Type einen Ablaß hergestellt hat. Hier war der ungeheuere Vorteil der neuen Kunst besonders auffällig. Bisher hatte dieses Schriftstück mit der Hand geschrieben werden müssen. Jetzt genügte, sobald der Text eimal gesetzt war, ein Druck der Presse, und der ganze Ablaßbrief war "künstlich geschrieben". So wurden diese von der Kirche bestellten Formulare die erste Großauflage des jungen Buchdrucks.

Der Konflikt mit Johannes Fust


Der Druck der Bibel stand kurz vor der Vollendung, als Johannes Fust zum entscheidenden Schlag ausholte. Er konnte dies wagen, denn er besaß einen guten Namen in der Stadt, und die von Gutenberg unterzeichneten Verträge gaben ihm recht. So kam es zu der unseligen Gerichtsverhandlung im Spätherbst des Jahres 1455. Die Klage Fusts lautete auf Rückgabe der geliehenen Summe mit Zins und Zinseszinsen. Eine erhaltene Pergamenturkunde enthält alle Einzelheiten der Klage. Fust hatte viele Zeugen mitgebracht, während Gutenberg nicht einmal erschienen war. Von der Buchdruckerkunst oder der eben fertig gewordenen Bibel wurde in dem Prozeß überhaupt nicht gesprochen. Gutenberg war für die Richter kein großer Erfinder, sondern ein säumiger Schuldner, der jede Strafe verdiente. Der Urteilsspruch ist nicht erhalten, Faktum für Gutenberg war jedoch, daß er seine Werkstatt und seine Bibel verloren hatte. Gutenbergs Mitarbeiter Peter Schöffer hatte zudem Fusts Tochter Christine geheiratet und war dadurch völlig in das andere Lager hinübergezogen worden. Fust und Schöffer legten sich  mit dem Erlös der Bibel und mit den von Gutenberg übernommenen Geräten eine eigene Druckerei an, die zur Herstellung umfangreicher Bücher und zur schnellen Erledigung großer Druckaufträge fährig war.

Verbannung und Rückkehr


Mit dem unglücklichen Ausgang des Prozesses war das Maß des Unheils für Gutenberg noch nicht voll. In Mainz regierte Kurfürst Dieter von Isenburg, dem Graf Adolf von Nassau seine Herrschaft streitig machen wollte. Nach langer Fehde kam es im Oktober 1462 zum Krieg. Adolf von Nassau brach nachts mit seinen Soldaten in die Stadt ein, verbrannte die Häuser und schickte achthundert Männer in die Verbannung, darunter befand sich auch Johannes Gutenberg. Er hatte sein Hab und Gut zum zweiten Male verloren. Als er nach einem Jahr wieder zurückkehrte, war er ein alter, gebrochener Mann.

Adolf von Nassau residierte in Eltville, eine knappe Schiffsstunde unterhalb von Mainz. Er wollte in seiner Residenzstadt die neue Kunst des Bücherdruckens einführen, und es lag daher wohl nahe, den Mann, der diese Kunst erfunden hatte, um Rat zu fragen. Eine Urkunde aus dem Jahre 1465 berichtet, daß er besonderen Grund habe, Gutenberg dankbar zu sein. Adolf von Nassau nahm Johannes Gutenberg in seinen Dienst, was bedeutete, daß er bis zu seinem Lebensende alljährlich Kleidung, Brot und Wein erhalten sollte.

Als Gutenberg im Februar des Jahre 1468 starb, nahm die Welt keine Notiz von seinem Tode. Wie seine Vorfahren und Verwandten ist er im Chor der Franziskanerkirche begraben worden, die aber im 18. Jahrhundert einer anderen Kirche weichen mußte, die allerdings 1793 zerstört wurde. So ist das Grab Gutenbergs für immer verloren. Zeitgenössische Darstellungen von Gutenberg sind nicht erhalten, so gibt es nur einen Kupferstich aus dem Jahre 1584, das einen alten Mann mit einem langen, zweigeteilten Bart zeigt. Mit Gutenbergs Tod war vorerst auch sein Name vergessen. In einigen Chroniken war noch zu lesen, daß ein Junker Gutenberg in Mainz eine neue Kunst des Büchermachens erfunden habe. Die Chronik von Köln aus dem Jahre 1499 brachte einen ausführlichen Bericht. Nun begannen die Quellen zu schweigen; so wird es auch verständlich, weshalb in Mainz Johann Schöffer behaupten konnte, daß sein Großvater Peter Schöffer der Erfinder des Buchdrucks gewesen sei. Erst im Zeitalter der Aufklärung, nämlich im Jahre 1741, wies der Göttinger Bibliothekar Johann David Köhler in einer Ehrenrettung Gutenbergs mit Urkunden und Dokumenten überzeugend nach, daß allein Johannes Gutenberg die Ehre der Erfindung des Buchdrucks zuzuschreiben ist.